Es ist ja nicht ungewöhnlich, dass sowohl unser „MYC-Fuchs“ als auch unsere MYC-Flagge hin und wieder von entfernten Revieren und exotischen Plätzen berichten. Insofern mag vielleicht auch folgender Beitrag interessieren. Wenngleich von keinem Segeltörn, so dennoch von einer fantastischen Seereise!
67°43´S / 067°48´W.
Antarktika. 70 SM unter dem südlichen Polarkreis. Das war der südlichste Punkt, den die Flagge des Münchner Yacht-Clubs zu sehen bekam. Mit dem Schlauchi zwischen riesigen Eisbergen, umgeben von Packeis und bizarren Eislandschaften, abtauchende Buckelwalflossen in Steinwurfsnähe, Robben, Pinguine hautnah … näher kommst du nicht ran. Und der MYC quasi mittendrin!
Doch vielleicht das Beste an der ganzen Reise war das große Glück, dass zufällig an Bord der „Seaventure“ – einem kleinen 150 Personen Expeditionskreuzfahrschiff, extra gebaut als Eisbrecher für die (Ant)arktis – auch eine Gruppe von Freunden und Wissenschaftlern des „Scott Polar Research Institute“ (SPRI) der Cambridge University als Gäste mitreisten. Darunter führende Klima- und Gletscherforscher, Biologen, Geologen und Verhaltensforscher. Zunächst drängten sich mir Gedanken an John Cleese und eine Truppe Wissenschaftler auf. Very british! Doch schon sehr früh beschleicht mich auch eine Ahnung, dass diese Reise etwas ganz Besonderes werden würde. Nicht zuletzt um der Gelegenheit, zu spüren, wie diese Menschen ticken oder deren Geschichte und Arbeit hautnah kennenzulernen. Alle ausnahmslos supernett, vermittelten sie ganz nebenbei noch einen beseelt kompetenten Eindruck vor ihrer Arbeit.
Besonders cool: Mit dabei waren u. a. auch Nachkommen der Shackleton Crew und die beiden Enkel von Captain Robert F. Scott. Jener Scott, welcher nach Amundsen als zweiter den Südpol erreichte, aber bei der Rückkehr kurz vorm rettenden Lager starb, und dessen Sohn später dann Mitbegründer des WWF (World Wildlife Fund) werden sollte. Viele von ihnen gaben Vorträge über ihre Arbeit und deren Ergebnisse, oder die Geschichten über die unglaublichen Strapazen früherer Expeditionen ihrer Vorfahren. So wie z. B. die Shackleton Expedition, deren Schiff „Endurance“ im Packeis gefangen wurde, dort sank, die Crew einen arktischen Winter lang feststeckte und sich nur von Robben ernährte, bis sie gerettet wurden. Genau jene „Endurance“ übrigens, welche 2022 auf 3000 m Tiefe entdeckt wurde und dessen ebenfalls mitreisender Expeditionsleiter John Shears eine Präsentation mit bisher unveröffentlichtem Material zeigte. National Geographic zeigt den Film über das Rennen gegen das Packeis im Herbst im Kino …
Doch nicht nur die Gäste vom SPRI waren ein glücklicher Zufall. Vor allem auch das Expeditions-Team von “Polar Latitude”, dem Veranstalter, brachten mir diesen Eis und Schnee-Kontinent so viel näher. Ihre Begleitung auf den Schlauchi-Exkursionen machten uns immer wieder auf Interessantes aufmerksam und auch ihre Präsentationen waren immer für spannende Fakten und überraschende Geschichten gut.
Was hat es mit dem Antarktis Vertrag von 1959 auf sich? Warum wird 2041 so wichtig für die weitere friedliche, ökologisch geschütze Nutzung der Antarktis? Wie viel Prozent des weltweiten Sauerstoffs wird von Plankton produziert? Wie viele Sekundenschlaf-Phasen hat ein Pinguin in einer Minute? Wieviele KILOmeter ist die Dicke der Eisschicht in der Antarktis? Welche Forschungsstation fand das Ozonloch und wann? Was kümmert uns der „Weltuntergangs-Gletscher“? Warum schleppte Scott noch kurz vor seinem Tode 15 kg Steinfossilien mit sich herum? Warum schimmern manche Eisberge blau und andere weiß …? Ein ständiges „ah-ha, tatsächlich, ist ja interessant…!“ Von den eingangs erwähnten fantastischen Landschaften und hautnahen Tierbegegnungen gar nicht zu sprechen.
Ja, es war eine faszinierende Reise zu einem spannenden Kontinent. Ich durfte vieles sehen und erleben und hab so einiges dazugelernt. Toll! Das werde ich nie vergessen.
Sollte der/die eine oder andere noch etwas mehr über diese fantastische Eis- und Tierwelt wissen wollen, möglicherweise gibt es ja mal einen Vortrag darüber im MYC. Nicht jetzt, wo wir uns alle auf den Sommer freuen, aber vielleicht dann im „Winterlager“ 😉
Euer Hans Fahrnholz
Fotos: Hans Fahrnholz



